Energieberater und Glücksbringer

    Der hochtechnische Beruf Kaminfeger/in ist mit modernen Heizungsanlagen und neuen Dienstleistungen im Bereich der erneuerbaren Energien anspruchsvoller geworden. Die Branche kann in der Energie- und Umweltthematik eine entscheidende Rolle spielen. Dementsprechend richtet sie mit dem neuen Ausbildungszentrum Froburg den Fokus auf den Nachwuchs.

    (Bild: pixabay.com) Beruf im Wandel: Die Berufsleute sind heute genauso oft mit Steckschlüsseln und Messgeräten unterwegs wie mit Bürsten und Besen.

    Stand früher die Reinigung von Kamin, Kochherd, Kachelofen und Ofenrohr im Vordergrund, umfasst der Tätigkeitsbereich der Kaminfeger und Kaminfegerinnen heute ein viel breiteres Spektrum. «Im Zuge des Gesellschafts-Wandels muss der/die Kaminfeger/in das eigene Dienstleistungssortiment, beispielsweise mit Lüftungsreinigung, Reinigung von Solarpannels – was übrigens eine bis zu 20 Prozent grössere Rendite ergibt – laufend erweitern», erklärt Direktor Marcello Zandonà. Und der neue Zentralpräsident Paul Grässli doppelt nach: «Statt nur auf eine Öl/Gas-Heizung oder Wärmepumpe zu setzen, lohnt sich eine Kombination mit einer Holzfeuerungsanlage. Der Mix macht es aus – nämlich die Kombination der diversen Energiequellen wie Öl/Gas, Holz, Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen etc… Bestehendes muss weiterhin gepflegt, alte Anlagen erneuert und verschiedene Möglichkeiten aufeinander abgestimmt werden.»

    Mit dem Klimawandel hat sich auch der Beruf des Kaminfegers und der Kaminfegerin gewandelt. Hier ergeben sich für die Branche neue Chancen, wie zum Beispiel in der Lüftungsreinigung, der Pflege von Solar- und Photovoltaikpannels sowie der Energie- und Effizienzberatung.

    Dazu Zandonà: «Die Energiewende ist zudem nicht allein mit Strom zu erreichen und lässt sich nur dann erfolgreich bestreiten, wenn wir den nachwachsenden und CO2-neutralen Brennstoff Holz vermehrt fördern und einsetzen.»

    Der Beruf der Kaminfegerinnen und Kaminfeger ist seit jeher der Brand- und Umweltschutzberuf. Mit dem Klimawandel und der Suche und Lancierung von erneuerbaren und alternativen Energiequellen ist seine Bedeutung wichtiger denn je: «Unsere Mitglieder sparen der Umwelt mit ihrer Arbeit jährlich bis zu einer halben Million Tonne CO2 ein», so Zandonà. Kaminfeger Schweiz strebt den Ersatz der nicht energie- und umwelteffizienten wärmetechnischen Anlagen an. Auch Wärmepumpen haben dabei eine Existenzberechtigung. «Wichtig ist, umweltfreundlichere Energieträger zu fördern, wie zum Beispiel moderne Holzfeuerungen mit entsprechenden Feinstaubfilteranlagen und der korrekten Feuerung», hält Grässli fest.

    Bildung als Sockel der Qualität
    Ein zentrales Anliegen des Verbandes ist die Aus- und Weiterbildung. Dazu Zandonà: «Unsere Ausbildung reicht von der Lehre als Kaminfeger/in EFZ bis zur Höheren Fachprüfung als Kaminfegermeister/in. Dank dem in der Schweiz bewährten dualen Bildungssysteme hat unser Nachwuchs ausgezeichnete Karrieremöglichkeiten und kann sich beispielsweise mit einem Studium in Bachelor of Science in Gebäudetechnik ausbilden.» Der Verband erachtet die Bildung als Sockel der Qualität, «denn, wenn die Ausbildung nicht stimmt, kann auch keine einwandfreie Arbeit geleistet werden», so Grässli. Die dreijährige Grundbildung Kaminfeger/ Kaminfegerin EFZ befindet sich aufgrund mehrerer Gesetzesänderungen in der Totalrevision, um Schwerpunktausbildungen zu ermöglichen. Rund 200 Lernende pro Schuljahr erlernen über drei Lehrjahre das Handwerk des/der «Glücksbringer/in». Dieses Jahr schlossen 70 Lernende ihre Lehre ab. «Wir hatten noch nie so viele Lernende», freut sich der Zentralpräsident. Er führt dies darauf zurück, dass die handwerklichen Berufe wieder im Aufwind sind, denn Handwerk hat goldenen Boden. «Dies merken wir auch bei den vielen Schnupperlehren.» Erfreulich ist auch der Frauenanteil, der bei 20 Prozent liegt. «Der Beruf hat sich massiv gewandelt, schwere Arbeiten sind passé, vielmehr ist Fingerspitzengefühl und das richtige Gespür für die filigranen Arbeiten an den sensiblen Hightech-Geräten gefragt. Kaminfeger/in ist ein hochtechnisierter Beruf, der neben viel Know-how auch viel Empathie bei der Beratung und Pflege der Kunden verlangt», erklärt Grässli.

    Ein wichtiges Anliegen der Schweizer Kaminfeger/innen ist die Förderung des Nachwuchses. Dazu wird auf der Froburg in Olten im Kanton Solothurn ein schweizerisches Ausbildungszentrum gebaut. Es wird voraussichtlich im August 2021 in Betrieb genommen. «Hier können wir mit den Ofenbauern wertvolle Synergien nutzen», so Zandonà. Der Verband arbeitet in der Weiterbildung oftmals mit Partnerverbänden und Institutionen zusammen und der hohe Ausbildungsstandard mit seinen Richtlinien fungiert dann quasi wie eine Qualitätssicherung.

    Grosses Zukunftspotenzial
    Auch auf politischer Ebene sind die Kaminfeger/innen aktiv. Priorität hat zurzeit das Referendum gegen das CO2-Gesetz: «Das CO2-Gesetz kostet viel und bringt nichts», bringt es Grässli auf den Punkt. «Unsere Kundschaft wird mit sehr hohen Kosten konfrontiert und wenn keine fossilen Energieträger zum Einsatz kämen, würde die Schweiz ein Prozent CO2 einsparen. Bei einer Lebensdauer von ca. 20 Jahren eine top funktionierende Anlage nach fünf Jahren auswechseln zu wollen, ist umwelttechnisch (Ressourcen) sehr fragwürdig», konkretisiert er. «Es wird immer mehr auf Strom gesetzt, was in Europa höchstwahrscheinlich zu einem dramatischen Engpass führen wird», gibt Zandonà zu bedenken. «Die Schweiz ist bereits jetzt Spitzenreiterin im Klimaschutz. Seit den 90er Jahren hat die Schweiz trotz grossem Bevölkerungszuwachs, den CO2-Ausstoss laufend vermindert.»

    Eine Herausforderung für die Branche ist die Auflösung des Kaminfegermonopols in einigen Kantonen, was Veränderungen mit sich bringt, welchen der Verband und seine Mitglieder aber offen und positiv entgegensehen. «Wir müssen immer am Ball bleiben und flexibel sein – auch bezüglich Dienstleistungen, die ein Muss sind», so Zandonà. Chance und Hürde zugleich ist die Digitalisierung, mit welcher ganze Wertschöpfungsketten zum Wohle der Kundschaft optimiert werden können. Doch der Grossteil der Glücksbringer/innen sieht der Zukunft positiv entgegen, denn das Bedürfnis nach Wärme, Feuer und Behaglichkeit bleibt.

    Corinne Remund

    www.kaminfeger.ch


    DAS MACHT KAMINFEGER SCHWEIZ

    Feuer und Flamme für die Branche
    Der Vorläufer der Kaminfeger Schweiz ist der Schweizerische Kaminfegermeister-Verband (SKMV), der 1897 als Genossenschaft gegründet wurde. Allerdings wurde der Schweizerische Verband bereits 1913 wieder aufgelöst. Doch das Bedürfnis nach einem Verband, allein schon aufgrund des Brandschutzes, war gross und so hoben die Solothurner Kaminfeger/innen 1917 den neuen Kaminfegermeister-Verband aus der Taufe. Seit 1949 befindet sich der Geschäftssitz mit Einkaufsstelle in Aarau. Der Verband bietet seinen Mitgliedern ein breitgefächertes Dienstleistungsangebot an und dient als Informations- und Wissensplattform – dies unter anderem via Newsletter, Website etc. Die Imagepflege wird zudem durch den Aufbau von Social-Media-Kanälen gefördert. Der engagierte Verband ist gut mit anderen Berufsverbänden, Organisationen, und Institutionen vernetzt und pflegt regen Austausch. Zu seinen Aufgaben gehören ferner Beratungsleistungen sowie attraktive Einkaufskonditionen auf Werkzeug und Verbrauchsmaterial. Der Verband unterstützt seine Mitglieder in Fragen rund um die professionelle Ansprache von Kunden und berät sie in Sachen Kundenbindung und -zufriedenheit und bietet auch eine Branchenlösung gemäss EKAS (Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit) an. Ausserdem vertritt Kaminfeger Schweiz die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Kaminfegermeister/innen in der Schweiz.

    Neuer Zentralpräsident
    Als Branchenverband sorgt Kaminfeger Schweiz für ein modernes, zukunftsorientiertes Bildungsangebot. 370 Betriebe sind Mitglieder – KMU ab zwei bis mehrere Angestellte oder Mikrobetriebe. Rund 95 Prozent der Branche deckt somit den Verband ab. Die Branche generiert jährlich rund 150 Millionen Franken. Seit dem 5. Juni 2020 brennt mit der Wahl von Paul Grässli als neuen Zentralpräsidenten im Haus der Glücksbringer ein neues, leidenschaftliches Feuer. Der erfahrene Grabser Kaminfegermeister ist Feuer und Flamme für sein Metier und setzt sich mit viel Herzblut und Passion sowohl für die Nachwuchsförderung als auch die Zukunft der Branche ein.

    CR

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